InSZENiErungen in Szenen : JuBri-Abschlusstagung

Am 2. und 3. März 2017 findet in Berlin die Abschlusstagung des Projektverbundes JuBri "InSZENiErungen in Szenen" statt. Auf diesen Seiten finden Sie alle wichtigen Informationen zum Programm und der Anmeldung, den Vorträgen etc. Die Webseite wird fortlaufend aktualisiert. Auch Programmänderungen sind noch möglich. Bitte schauen Sie gelegentlich wieder vorbei. 

Die Veranstaltung wird unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Förderlinie „Sprache der Objekte“.

Tagungsprogramm      Anmeldung      Abstracts              Tagungsprogramm PDF

Der Anmeldeschluss wurde um 1 Woche verlängert: Anmeldung noch bis 13. Februar 2017 möglich.

Tagungsprogramm

Donnerstag, 2. März 2017

9:00-11:00 Zine Workshop Do-It-Yourself, Do-it-Together! mit Dilara Akarcesme | Salzburg [im Archiv der Jugendkulturen*, HAUS A]

ab 11:00 Ankommen & Anmeldung {mit Imbiss}
12:00-12:30 Begrüßung

Susanne Binas-Preisendörfer | Archiv der Jugendkulturen e.V. : Begrüßung
Nicolle Pfaff und Almut Sülzle | Forschungsverbund JuBri
: Eröffnung
Frau Dr. Uta Grund | BMBF, Referat Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, Akademien, Forschungsmuseen : Grußwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

12:30-14:00 Panel 1: Mediale Inszenierungen - Szenen im sozialen, medialen und technischen Wandel [Moderation: Nicolle Pfaff | Essen]

Kathrin Dreckmann | Düsseldorf : „Geschichte wird gemacht.“ Über Aneignungsprozesse und Wissenskonstruktionen in den Fanzines der Punk- und New Wave-Kultur Westdeutschlands
Michael Müller | Chemnitz und Anne Sonnenmoser | Essen : Querläufige Vergesellschaftung in technisierten sozialen Umgebungen
Christian Ritter | Zürich : Objekt-Bild-Relationen im jugendkulturellen „doing ethnicity“. Fotografische Inszenierung „ethnisch“ codierter Objekte in der postmigrantischen Alltagskommunikation

13:30-14:30 Pause {mit Imbiss}

14:30-15:45 Panel 2: Struktur und Sinnlichkeit: Paul Willis‘ Konzept homologer Dinge quer lesen [Moderation: Almut Sülzle | Berlin]

Moritz Ege | Göttingen : Mode, (sub)kulturelles Eigentum und die Frage der Kritik
Anja Schwanhäußer | Berlin : Die wunderbare Welt des Ponyclubs – Jugendkulturen erforschen und erspüren
Stefan Wellgraf | Frankfurt/Oder : „Hoolywood“. Zur Transformation der Hooligankultur

15:45-16:15
Kaffeepause

16:15-17:45 Panel 3: Inszenierungen generationaler Zugehörigkeiten [Moderation: Günter Mey | Magdeburg-Stendal]

Marc Dietrich | Magdeburg-Stendal: Inszenierte Jugendlichkeit und generationale Dynamiken in Szenen - am Beispiel Punk und Skinhead
Agnes Trattner | Graz : Der Totenkopf als symbolisches Mittel zur Inszenierung von Jugendlichkeit
Sven Werner | Dresden : Kapitalismus als Provokation – Bricolage am Beispiel widerständiger Jugendszenen in der DDR

17:45-18:00 Führung durch das Archiv der Jugendkulturen [im Archiv der Jugendkulturen*, HAUS D]

ab 18:00 Sektempfang [Lettrétage*]

18:30-20:00 Abendveranstaltung: Keynote Paul Hodkinson | Surrey : The Spontaneous and the Established. Media and Commerce in Youth Style Cultures [Moderation: Nicolle Pfaff | Essen] [Lettrétage*]

 

Freitag, 3. März 2017

9:00-11:30 Panel 4: Materialisierte Szenewelten: Positionierungen durch Körper und Artefakte [Moderation: Christiane Wehr | Kiel]

Christin Scheurer und Paul Eisewicht | Dortmund : Trickster, Missionare und True Believer - Zu Inszenierungslogiken in Szenen
Babette Kirchner | Dortmund : Materiale Artefakte als Kompetenzmarker. Bildhafte Konstruktion von Bewegungskompetenz im Sportklettern
Tim Böder | Essen : Körper(lichkeit) als Mittel der politischen Positionierung in Zines
Claudia Kühn | Jena : Zur Rekonstruktion gesellschaftskritischer Bedeutungsgehalte (alltags)ästhetischer Objekte in biografischen Erzählungen von Szenegänger*innen

11:30-12:30 Pause {mit Imbiss}

12:30-14:15 Panel 5: Jugendkulturelle Praktiken und Geschlecht [Moderation: Melanie Groß | Kiel]

Melanie Groß und Christiane Wehr | Kiel : Grenzüberschreitende Identitätsangebote durch Artefakte des Punk/Hardcore – eine intersektionale Analyse
Britta Hoffarth | Frankfurt am Main : Adoleszente Körperinszenierungen – Kosmetische Praktiken in weiblichen Jugendszenen
Judith von der Heyde | Osnabrück, Dortmund : „Frauen und Fahnen in der Mitte“ – Ultrakulturelle Artefakte und ihre Bedeutung für eine Konstruktion von Weiblichkeit

14:15-14:30 Kaffeepause

14:30-15:45 Podium: Objekt_Jugendkultur : Methodische und thematische Perspektiven der Jugendkulturforschung mit Melanie Groß, Dagmar Hoffmann, Daniel Schneider, Almut Sülzle [Moderation: Marc Dietrich | Magdeburg-Stendal]

 

 

*Veranstaltungsorte: Wenn nicht anders ausgewiesen, finden die Veranstaltungen in der Tanzschule MAXIXE statt.
Archiv der Jugendkulturen | Fidicinstraße 3 | 10965 Berlin
Tanzschule MAXIXE | Fidicinstraße 3, HAUS B | 10965 Berlin
Lettrétage | Mehringdamm 61 | 10961 Berlin

Lageplan Veranstaltungsorte JuBri-Tagung

Zeichnung: Christiane Wehr 

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Anmeldung zur Tagung

Bitte melden Sie sich unter Angabe von Vorname, Name, Institution/Ort, Mail-Adresse bis spätestens 13.02.2017 unter folgender E-Mail-Adresse an: jubri_tagung@jugendkulturen.de.

und überweisen Sie den Tagungsbeitrag (inkl. Getränke und Snacks) von 38 € regulär / 20 € ermäßigt (Studierende, Erwerbslose)
auf folgendes Konto:
Empfänger: Archiv der Jugendkulturen e.V.
IBAN: DE62430609671124071204
BIC: GENODEM1GLS

Sobald die Teilnahmegebühr eingegangen ist, erhalten Sie eine Anmeldebestätigung per E-Mail.
Bitte schreiben Sie uns, ob Sie an folgenden Veranstaltungen teilnehmen möchten:
1) DIY-Workshop Zines machen (Do)
2) Archivführung (Do)
3) Sektempfang und Abendveranstaltung (Do).
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Die Abendveranstaltung mit Paul Hodkinson ist öffentlich und kostenlos. Falls Sie nur daran teilnehmen möchten, melden Sie sich bitte unter Angabe von Vorname, Name, Institution/Ort, Mail-Adresse bis spätestens 13.02.2017 unter folgender E-Mail-Adresse an: jubri_tagung@jugendkulturen.de.

 

Noch ein wichtiger Hinweis:

Liebe Tagungsteilnehmerinnen*, liebe Tagungsteilnehmer*,

es ist uns ein Bedürfnis, die Teilnahme an unserer Tagung so angenehm wie möglich zu gestalten. Bitte teilen Sie uns mit, wenn Sie besondere Bedürfnisse haben, die wir im Zusammenhang mit der Tagungsorganisation berücksichtigen können (z.B. Allergien, Barrierefreiheit, Kinderbetreuung o.ä.).


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Abstracts

 

Tim Böder : Körper(lichkeit) als Mittel der politischen Positionierung in Zines

Stellungnahmen von Akteur*innen in Jugendszenen zu gesellschaftspolitischen Konfliktlinien sind auch körperlich vermittelt. In Praktiken der Stilisierung durch Modeartikel, Posen und räumliche und soziale Platzierung wird der Körper zum Ausdruck politischer Artikulation. Der geplante Beitrag untersucht auf der Basis dokumentarischer Rekonstruktionen, welches habitualisierte Wissen diesen Praktiken in unterschiedlichen Szenen zugrunde liegt und wie politisierte Körper in Zines repräsentiert sind.

Marc Dietrich : Inszenierte Jugendlichkeit und generationale Dynamiken in Szenen - am Beispiel Punk und Skinhead

Vor 40 Jahren waren Punk und Skinhead neue Jugendszenen. Heute sind die „Jugendlichen“ längst erwachsen und z.T. noch immer „Szene“. Basierend auf einer Studie zu Punk- und Skinhead-Zines, wird gezeigt, dass die Kategorie „Alter“ generell und „Jugend“ speziell eine Semantik zur Adressierung wechselseitiger intergenerationaler Kritik um basale Szeneorientierungen darstellt. Die Existenz/Intensität von (intergenerationalen) Szenekonflikten hängt dabei auch mit differenten Verständnissen von Jugend und ihrem Status innerhalb biografischer Entwürfe zusammen.

Kathrin Dreckmann : „Geschichte wird gemacht.“ Über Aneignungsprozesse und Wissenskonstruktionen in den Fanzines der Punk- und New Wave-Kultur Westdeutschlands

In diesem Vortrag sollen beispielhaft komplexe Aneignungsprozesse der Punk- und New Wave-Kultur nachgezeichnet werden.

Moritz Ege : Mode, (sub)kulturelles Eigentum und die Frage der Kritik

Anhand von Beispielen aus HipHop-nahen jugend(sub)kulturellen Lebenswelten geht es in diesem Beitrag um neue Perspektiven auf den Zusammenhang von symbolischer Kreativität und kommerzieller Verwertung.
Wie von Willis mit dem Homologie-Konzept theoretisiert, stammen die Gegenstände, die jugend(sub)kulturelle Welten mit-konstitutieren, aus der Konsumkultur, aber erst die Bedeutungen, die die Akteur/innen den Gegenständen geben, machen sie (die Gegenstände wie auch die Akteur/innen) zu dem, was sie sind. Das Wissen um solche Zusammenhänge hat längst Eingang in die Vorgehensweise zeitgenössischer branding-Strategen gefunden – in kleinen wie in großen Unternehmen. Als “wertschöpfend” erweist sich aus dieser Perspektive eine nie ganz vorhersehbare kulturelle Kreativität, die von den Unternehmer/innen, die auf solchen Feldern aktiv sind, sowohl abgeschöpft, eingehegt und begrenzt als auch angefacht und unterstützt wird.
Dabei stellt sich auch die Frage der Kritik und ihrer Ansatzpunkte. Wenn z.B. das „Image“ mancher Marken fast vollständig aus subkulturellen Bedeutungsprojektionen hervorgeht, wer kann dann eigentlich welche Eigentumsansprüche an ihnen anmelden? Im Vortrag dient der Fall einer Berliner Jeans-Mode als Ausgangspunkt für die Darstellung unterschiedlicher, konfligierender Eigentumsansprüche auf materialisierten Stil. Diese Debatten erhellen zugleich, so die hier zu entwickelnde These, kultur- und wirtschaftstheoretische Auseinandersetzungen der letzten Jahre über „free labor“, immaterielle Arbeit, Kund/innenarbeit, ästhetisch-atmosphärische Commons usw. Dabei soll es auch nach dem Status von fetischismus- oder verdinglichungstheoretischen Denkfiguren gefragt werden, denen zufolge “Erfahrungsgehalte” und gelebte soziale Beziehungen, aus denen solche Bedeutungen hervorgehen, per se ursprünglicher und ontologisch “echter” sind als Materialisierungen, in denen zumindest tendenziell Dinghaftigkeit und Warenform konvergieren. Muss eine Kritik von Verwertungsprozessen auf solche Annahmen rekurrieren? Welche anderen Optionen macht die Praxis selbst eventuell sichtbar?

Melanie Groß und Christiane Wehr : Grenzüberschreitende Identitätsangebote durch Artefakte des Punk/Hardcore – eine intersektionale Analyse

Welche Differenzkategorien werden in materialen Objekten der Punk/Hardcore-Szene relevant und welche Wechselwirkungen erzeugen sie? Der Beitrag zeigt an Beispielbildern aus Punk/Hardcore-Fanzines, wie intersektionale Wechselwirkungen die performative Inszenierung von Geschlechtsidentität beeinflusst und auf welche Weise diese Wechselwirkungen durch Strategien der Bricolage grenzüberschreitende Identitätsangebote ermöglichen.

Judith von der Heyde : „Frauen und Fahnen in die Mitte“ – Ultrakulturelle Artefakte und ihre Bedeutung für eine Konstruktion von Weiblichkeit

In der Ultraszene, die als ein männlichkeitszentrierter Raum des Fußballs konstruiert wird, haben die Artefakte vor allem für die Geschlechterkonstruktionen der  weiblichen Mitglieder besondere Bedeutung. Präsentiert werden Ergebnisse einer Ethnographie der Ultraszene. Die szenetypischen Fahnen sind nicht nur mit bestimmten Praktiken verbunden und somit mit einem ultrakulturellen Wissen versehen, sie verschränken sich in der Ultrapraxis auch mit explizitem Genderwissen und verbinden daher in sich doing gender und doing ultra.

Paul Hodkinson : The Spontaneous and the Established. Media and Commerce in Youth Style Cultures 

Ausgehend vom klassischen Bricolagekonzept der Studien des CCCS befragt der Vortrag unterschiedliche Konzeptualisierungs- und Verwendungsweisen zur Beschreibung und Analyse jugendkultureller Aneignungsprozesse und Stilbildung. Markiert werden unterschiedliche Bedeutungszuschreibungen an jugendkulturelle Artefakte und Medien, die in der Spannung von Innovation, Spontanität, Reproduktion und Kommerzialisierung stehen. [Der Vortrag ist in englischer Sprache.]

Britta Hoffarth : Adoleszente Körperinszenierungen – Kosmetische Praktiken in weiblichen Jugendszenen

In einer ethnographischen Studie zu Praktiken dekorativer Kosmetik in der weiblichen Adoleszenz wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich in den spätmodernen Logiken der Bearbeitung des Körpers soziale Differenzkategorien wie Geschlechtlichkeit, Generationalität oder Ethnizität fort- und in die Körper einschreiben bzw. inwiefern sich die – das Selbst wie die Welt ästhetisierenden – Praktiken einer diese Ordnungskategorien vereindeutigenden Bestimmung entziehen. Das Arbeiten mit Artefakten, Medien, Weiblichkeitsbildern und deren Bricolagen markiert zentrale Praktiken in diesem Kontext.
Anhand qualitativ-empirischer Daten werden im Beitrag verschiedene intersektionale Verschaltungen von Differenzkategorien herausgearbeitet. Hierbei wird die Dynamik und Sinn-Produktivität der Praktiken deutlich. Hergestellte Eindeutigkeiten – z.B. in Hinsicht auf heteronormative Repräsentationen – werden etwa durch subtile
Relevantsetzungen von Alter oder Milieu subvertiert.

Babette Kirchner : Materiale Artefakte als Kompetenzmarker. Bildhafte Konstruktionen von Bewegungskompetenz im Sportklettern

Symptomatisch für Szenen ist die grundsätzliche Option der Teilhabe an ihnen. Während die Partizipation an der Sportkletterszene per se jedem interessierten Individuum zugestanden wird, ist die soziale Interaktion über die dargestellte, vermutete oder ‚bewiesene‘ Bewegungskompetenz reglementiert. Als ‚Beweismaterial‘ werden Bilddaten erachtet, die Kletternde in actu vor spektakulären Kulissen zeigen. Die hohe Relevanz der materiellen Artefakte zeigt sich auch in der Legitimation von Interaktionsweisen.

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Claudia Kühn : Zur Rekonstruktion gesellschaftskritischer Bedeutungsgehalte (alltags)ästhetischer Objekte in biografischen Erzählungen von Szenegänger*innen

„besser über schlechter geht. (...) aber schlechter über besser nich. man malt nich irgendn Kackbild. (...) wenn man grad erst angefangen hat.“ (Moritz)

Der Beitrag widmet sich der Rekonstruktion von Wissens- und Bedeutungsgehalten (alltags)ästhetischer Objekte (hier: Werkästhetik) in der Hip Hop-Szene. Ausgangspunkt stellen biographische Erzählungen eines Graffiti-Künstlers und eines Rappers dar. Die Erzählungen werden daraufhin untersucht, welche Bedeutungen szenespezifischen Werken (hier: Graffiti-Bilder und Rap-Texte) für die Sinnkonstruktionen in Verknüpfung mit dem In-der-Welt-sein zugeschrieben werden und inwiefern sich darin ein Spannungsverhältnis zwischen Orientierung und Abgrenzung an gesellschaftlichen Machtverhältnissen unter der Fokussierung formaler Bildungslogik dokumentiert.

Michael Müller | Chemnitz und Anne Sonnenmoser : Querläufige Vergesellschaftung in technisierten sozialen Umgebungen

Der Vortrag widmet sich erstens der Frage, welche Objekte und ästhetische Strategien der Bricolage zur Produktion kollektivspezifischen Wissens Verwendung finden: Wir fokussieren diesbezüglich insbesondere bildmediale Techniken personaler oder gruppenspezifischer Stilbildungen. Zweitens wird es um die Frage nach szenespezifischen Formen der Gesellschaftskritik und der Grenzüberschreitung in Jugendszenen gehen: „Stil“ bzw. „Lebensstil“ diskutieren wir im Sinne Georg Simmels, Friedrich Tenbrucks und Hans-Georg Soeffners als Modi „querläufiger Vergesellschaftung“ (Tenbruck). Von besonderem Interesse ist hierbei, welche sozialmorphologische Gestalt unterschiedliche Stilgemeinschaften aufweisen, wenn sie sich vornehmlich oder in maßgeblichen Aspekten über sogenannte soziale Medien formieren, während sie in den Encounter-Öffentlichkeiten der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Institutionen unsichtbar bleiben.

Christian Ritter : Objekt-Bild-Relationen im jugendkulturellen „doing ethnicity“. Fotografische Inszenierung „ethnisch“ codierter Objekte in der postmigrantischen Alltagskommunikation

Mit der Veralltäglichung digitaler Kommunikations- und Kameratechnik hat sich auch das Verhältnis visueller und materieller Kultur verändert. Sichtbar wird dies etwa dann, wenn durch Objekteigenschaften vermittelte Bedeutungen in Bilder transferiert werden. Mit der fotografischen Aneignung der Objekte erfahren diese einen Zuwachs sowohl der narrativen Funktionen wie ihrer kommunikativen Potentiale – z.B. in der Online-Kommunikation. Der Beitrag diskutiert solche zwischen Objekt und Bild oszillierenden Praktiken jugendkultureller Bedeutungskonstruktion im Kontext des postmigrantischen doing ethnicity. Es wird gezeigt, wie jugendliche „Medienamateure“ über die inhaltliche und ästhetische Überformung „ethnisch“ codierter Objekte gemeinsame Vorstellungen von „Ethnizität“ und „Herkunft“ entwickeln und wie dabei hegemoniale Konzepte von „Identität“ unterminiert, aber auch re-formuliert werden.

Christin Scheurer und Paul Eisewicht : Trickster, Missionare und True Believer - Zu Inszenierungslogiken in Szenen

Da in juvenilen Szenen Menschen aufgrund gegenseitig unterstellter, geteilter Interessen zusammentreffen und nicht aufgrund traditionaler und sozialstruktureller Gemeinsamkeiten, ist die Zugehörigkeit zu Szenen nichts natürlich Gegebenes und am bloßen Körper ohne weiteres Ablesbares. Zugehörigkeit ist also nicht fraglos gegeben, sondern muss hergestellt werden - d.h. mentale Konzepte sozialer Zugehörigkeit müssen materiell repräsentiert werden. Die Grundlagen der materiellen Ausgestaltung von Zugehörigkeit zu Szenen sollen im Vortrag verhandelt und differenziert werden. Unsere These dabei ist, dass in verschiedenen Szenen spezifische Modi der Inszenierung von Zugehörigkeit rekonstruiert werden können, die sich in drei Typen unterscheiden lassen. Damit wollen wir einen Vorschlag zum interszenischen Vergleich in der Szeneforschung zur Diskussion stellen.

Anja Schwanhäußer : Die wunderbare Welt des Ponyclubs - Jugendkulturen erforschen und erspüren

Das Phänomen des Pferdemädchens wurde in der Jugend- und Subkulturforschung aus verschiedenen Gründen bisher kaum beachtet. Es bezeichnet eine häufig anzutreffende Pferdebegeisterung vom Vorschulalter bis in die Pubertät, die sich u.a. im Konsum bestimmter Zeitschriften äußert. In ihm verdichtet sich ein allgemeiner, jugendkultureller, nicht gender-spezifischer Widerspruch zwischen der Abkehr von der 'Scheinwelt' des Konsums (hin zum 'Echten', Natürlichen, in diesem Fall dem Lebewesen Pferd) einerseits und der empathischen Hinwendung zur Populärkultur andererseits.
Mit dem Konzept der Homologie hat Paul Willis lange vor dem sogenannten sensual turn jugendkulturelle Empfindlichkeiten erforscht. Er regt dazu an, gesellschaftliche Prozesse von den sinnlichen Affekten her zu denken bzw. zu erspüren: Geschwindigkeit, Geruch, Staub, Öl, Lärm, Musik, Drogen. Über die Populärkultur (Motorräder, Jeans, Platten) empfinden Subkulturen wie Rocker und Hippies die Strukturen ihrer sozialen Welt und erzeugen sie. Auf die Jugendkultur der Pferdemädchen übertragen heißt dies, dass Probleme des Erwachsenwerdens und eventuelle Marginalisierungserfahrungen über Pferdepullis, Zeitschriften, Filme, Reiten, Geruch, Staub, Rhythmus erfahren und verarbeitet werden. Das Konzept der Homologie erlaubt eine Deutung dieser spezifisch weiblichen Jugendkultur, die quer zu den gängigen Zuschreibungen steht (weiblich/gefühlvoll, männlich/rational), ohne dabei alltagsweltlich durchaus existente Differenzen wegzudekonstruieren.
Die Überlegungen speisen sich aus einer laufenden Feldforschung zum Thema Pferdemädchen. Dieses Phänomen ist signifikant für die Ära der "new sensibility", die in den späten 1960er Jahren aufkam und bis heute die Jugendkultur bestimmt.

Agnes Trattner : Der Totenkopf als symbolisches Mittel zur Inszenierung von Jugendlichkeit

Der Totenkopf als wohl prominentestes Todessymbol der Geschichte erfährt spätestens seit den 1970/80ern eine Renaissance in verschiedenen jugendkulturellen Szenen, wobei gesellschaftlich etablierte Interpretationsmuster umgedeutet und Sinnkonstruktionen erweitert werden. Der Beitrag untersucht die Bedeutungsdimensionen des Totenkopfes als Symbol in unterschiedlichen jugendkulturellen Szenen und geht der Frage nach, inwiefern er heute der Inszenierung von Jugendlichkeit dient.

Stefan Wellgraf : Hoolywood. Zur Transformation der Hooligankultur

Die Frage inwiefern das Konzept der Homologie einen analytischen Zugang zum Umgang mit Artefakten in gegenwärtigen Subkulturen ermöglicht, diskutiere ich anhand des Bekleidung- und Ausstattungsgeschäfts „Hoolywood“ im Berliner Bezirk Prenzlauer-Berg. Am Beispiel der mittlerweile tradierten Stilpraktiken von Hooligans lassen sich die von Paul Willis und den britischen Cultural Studies aufgeworfenen Fragen mit Blick auf die Historizität, die gesellschaftliche Einbettung und die Transformationen des Hooligan-Stils weiterdenken.

Sven Werner : Kapitalismus als Provokation – Bricolage am Beispiel widerständiger Jugendszenen in der DDR

Am Beispiel der Bricolage westlicher Konsumartikel wird im Vortrag nachvollzogen, wie in der DDR ab den 1960er Jahren politische und kulturelle Widerständigkeit durch den symbolischen Rekurs auf Artefakte des „kapitalistischen Klassenfeindes“ ausgedrückt wurde. Es wird eine Traditionslinie von den Verwahrlosungsdiskursen  des frühen 20. Jh. bis in die Kampagnen gegen „Rowdies“ und „Gammler“ angenommen. Außerdem werden einzelne Repressions- und Liberalisierungswellen aufgezeigt.

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Zine Workshop

Dilara Akarcesme aus Salzburg
DIY Zines : "Do-It-Yourself, Do-it-Together!" Workshop zu künstlerisch-edukativen Materialien und Angeboten für eine kritische Vermittlungspraxis

Im Rahmen des Projektes „Making Art, Making Media, Making Change“ wurde in Zusammenarbeit mit Künstler_innen und Kooperationspartner_innen eine Toolbox für schulische und außerschulische Kontexte entwickelt. Dazu gehört auch der hier vorgestellte Zine-Workshop, im Zuge dessen gemeinsam ein oder mehrere Zines gestaltet werden.  Fragen, die während der Workshops zur Sprache kommen sollen sind Fragen über Ungleichheiten / Ungerechtigkeiten, Fragen über eigene Positionierungen zu gesellschaftlichen Machtverhältnissen sowie Fragen darüber, wie (Massen-)Medien das alltägliche Leben bestimmen und/oder welche gesellschaftlichen Machtverhältnisse und gesellschaftlichen Normen dort ersichtlich sind.

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